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Freibadtypen

Frau schreibt mit Stift in eine Kladde Kolumne. Stahler Kolumna sitzt dabei im Gras.

 

Auch wenn sich dieses Jahr die Freibad-Saison verzögert, findet man hier eine immer wiederkehrende männliche oder weibliche Person, die diese Freizeitanlage besucht. Da ich eher das Handtuch hüte, und trotz Hitze das Wasser ungern betrete, wiederholt sich für mich Jahr für Jahr ein fast identisches Muster der Freibad-Typen. Nachdem ich aufgestiegen bin vom Planschbecken zur Rutsche und schon fast wieder auf der coolen Seite liege, muss ich schweren Herzens zugeben, dass ich auch hier nicht mehr hingehöre. Kein Bikini, keine lässige Musik, kein Slang. Vielleicht doch eher auf die Holzbank, ich kann eh nicht mehr lange auf dem Handtuch liegen (Rücken). Aber von hier habe ich ein viel breiteres Beobachtungsfeld.

Es gibt sie nämlich, die verschiedenen Nutzer des kühlen Nass. Da ist zum einen

der sportliche Typ:
Er/Sie hat kein Gesicht, denn die Schwimmbrille und die Badekappe lassen kaum einen Blick darauf zu. Die Badehose ist knapp und eng anliegend, bei Ihr ist es ein Badeanzug ohne Bügel, Polster oder sonstigen auftreibenden Material. Er/Sie befindet sich nur kurz am Beckenrand, um dann mit einem gekonnten Köpper die mittlere Bahn für mindestens tausend Meter zu belegen. In einem Wechsel von Kraul zu Brust zu Rücken achtet er nicht auf Mitschwimmer und zieht sein Ding durch. Er/Sie gleitet professionell durchs Wasser und ehe man sich versieht, ist dieser auch schon unter der kalten Brause verschwunden.

Der Frühschwimmer:
Kann ich nicht viel zu sagen, habe ich selber noch nie geschafft. Früh aufstehen und dann auch noch schwimmen… brrr. Respekt.

Der Schmeißer:
Netter Typ, männlich, etwas untersetzt. Badehose etwas abgetragen, saß schon mal besser. Vater von mindestens zwei Kindern, nimmt aber gerne noch Freunde mit. Beschäftigt sich mit den Sprösslingen im Nichtschwimmerbecken. Wirft diese mit lauten Ausrufen (ich krieg dich) und aus jeder erdenklichen Position ins Wasser. Ist im Wasser ganz für seine Kinder da, nimmt sich aber gerne eine Auszeit am Kiosk, um ein Kaltgetränk zu sich zunehmen. Hat er sich verdient.

Der Ehrgeizige:
Schlanker Er, sportliche Marken-Badehose, natürlich mit Abzeichen. Selber jahrelang Triathlon-Events (Platzierung im hinteren Bereich) absolviert. Ist meist im Schwimmer zu finden, wo er seinen Sohn oder Tochter zu Höchstleistung anspornt. Durchziehen, noch eine Bahn, und jetzt rückwärts…Er versucht durch verschiedene Sprünge und Schwimmtechniken dem Sprössling den puren Spaß am Wasser zu zeigen- …oder zu nehmen, denn durch ständige Korrektur wird dem Kind leider die Lust genommen. Dieses blickt immer wieder traurig zur Rutsche und versucht durch vorgetäuschte Verletzungen dem harten Trainingsprogramm zu entkommen.

Der Gemütliche:
Sitzt selten am Beckenrand eher im Schatten auf Handtuch oder auf mitgebrachtem Camping-Stuhl, lässt sich Speisen mit Mayo und Ketchup bringen, Getränk in der selbst mitgebrachten Kühlbox. Beobachtet aus der Ferne die Aktivitäten des Kindes, und nur bei wirklich haarsträubenden Aktionen von diesem, wird mit einem Pfiff die Situation geklärt. Dann legt oder setzt er sich wieder ab. Er kommt meist mit Ehefrau und einer befreundeten Familie und ist schnell von hektischen Bewegungen sowie sich nähernden Bällen genervt. Die Badehose ist riesig und will (nach eigenen Aussagen) gefüllt werden (Haha). Bewegt er sich doch mal Richtung Fußballplatz, dauert es keine zehn Minuten und er ist nassgeschwitzt wieder zurück. Er hat gar nicht mitgespielt, aber so sein Interesse an den Kindern gezeigt.Tätowierung am Unterschenkel.

Der muskelbepackte Superheld:
Kaum im Wasser zu sehen, eher Randsteher. Viel zu kleine Badehose. Eng und rot. Fast wie durch ein Wunder gehen er und seine starken Arme im Wasser nicht unter. Er schafft es sich und seinen mit Öl getränktem Körper immer von der besten Seite zu zeigen und auf ihn zukommende Wassertropfen zuckt er einfach mit dem Brustmuskel weg. Hat meistens Freund dabei, der sich nach lauter Begrüßung und der dementsprechenden Handshake zu ihm gesellt. Seine Frau, nicht ganz so durchtrainiert, wird zum „Bahnen ziehen“ geschickt, während er auf sein bestes Stück achtet: seine Tochter. Dieser nickt er immer wieder zu, ohne dabei offensichtlich ihr Vater zu sein. Vielleicht geht ja noch was. Auf dem Weg zum Kiosk wird extra ein Umweg gemacht, um der Schwimmbadgesellschaft den kompletten stählernen Body zu zeigen. Definitiv tätowiert.

Die Wasserscheue:
Hier zähle ich mich zu. Schafft den Besuch auch ohne Kontakt zum Wasser. Wenn sie dann doch mal gezwungenen wird, in das Becken zu steigen, benötigt sie minimum zehn Minuten um einzutauchen. Sie hält sich gerne minutenlang an der Leiter fest, um ganz langsam den Kreislauf an die frostige Temperatur zu gewöhnen. Geschwommen wird natürlich mit Sonnenbrille und nach knapp drei Bahnen reicht es aus schon wieder. Der Kopf bleibt trocken, die Frisur sitzt. Sie hasst es nassgespritzt zu werden. Meist weiblich.

Der oder die Planscher:
Egal wie alt, es gibt sie immer und überall. Freudig erregt wird getaucht, gepaddelt und geplantscht. Können anstrengend werden, da sie durch kreative Formationen verschiedene Bahnen einnehmen. Es wird vom Rand, vom Startblock vorwärts, seitlich und als Bombe gesprungen. Lassen sich einfach nicht in eine Bahn zwängen. Sie haben wirklich Spaß. Lustig anzusehen wie das komplette Becken irritierend und kopfschüttelnd das Spektakel verfolgt. Badebekleidung praktisch, da rutscht nichts weg oder raus und wenn doch, ist es egal.

Die Konsequente:
Steigt ein, bleibt immer im gleichen Tempo und auf der gleichen Bahn. Gerne auch mit Gürtel unterwegs, randnah. Durch ihre jahrelang gefestigte Schwimmtätigkeit besitzt sie eine Art Wegerecht. Fremde Schwimmer werden kurz angeguckt und ignoriert. Die Bahn ist und bleibt der Dame sicher. Manchmal belächelt, aber ganz ehrlich, es ist wirklich anstrengend eine Stunde Wasser zu treten. Meist im Besitz einer Jahreskarte.

Die Kommunikativen:
Im Wasser zu zweit unterwegs, entweder als Verabredung oder als Zufallstreffer. Kollidieren manchmal mit der Konsequenten auf Bahn eins. Schwierige Situationen werden jedoch plappernd und geschickt umschwommen. Ziel ist das wirklich wichtige Gespräch mit dem/der Partner/in zu beenden. Belegen gerne zwei bis drei Bahnen. Was wiederum den Ehrgeizigen stört. Stört das Pärchen aber nicht. Zufrieden über das entleerte Wortsäckchen verlassen diese mit winkendem Händchen und einer Verabredung zum Kaffee das Freibad.

Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden Personen sind natürlich rein zufällig. Also bitte nicht abtauchen. Ich stehe weiter auf der Leiter und bin wahrscheinlich das merkwürdigste Geschöpf in und am Wasser.

KK                                                                                                                                                                                                         ____________________________________________

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